Buchtipp:
IRVIN YALOM: Existenzielle Psychotherapie
Eigentlich sind alle Bücher des amerikanischen Psychiaters
lesenswert. Der überaus spannende und auch aus therapeutischer
Sicht hochinteressante Roman Die rote Couch ist
wohl sein bekanntestes. In Die Liebe und ihr Henker
berichtet er humorvoll und selbstkritisch über seine eigene
therapeutische Praxis. Yalom fasst hier im Vorwort zusammen, was in
seinem Grundlagenwerk Existenzielle Psychotherapie
genauer unter die Lupe genommen wird:
Die
Existenzielle Psychotherapie bezeichnet als die Grundängste
jedes Menschen:
• Die
Angst vor dem Tod,
• die
Freiheit, unser Leben selbst zu bestimmen,
• unsere
letztendliche Isolation
• und
die Frage nach dem Lebenssinn.
(Ein Ansatz, der natürlich für die Therapie
Konsequenzen hat
und mehr Einwirkungsmöglichkeiten bietet als die Sicht des
Menschen als von seinen Instinkten getrieben.)
Das
600 Seiten starke Fachbuch ist ebenso flüssig
geschrieben wie die Romane und auch für Laien leicht
verständlich. Dazu tragen die lebendigen Berichte
wissenschaftlicher Untersuchungen und mehr noch die vielen
Fallbeispiele bei, in denen die Theorie stets und präzise auf
ihre
Glaubwürdigkeit abgeprüft wird. Und die
natürlich auch
verdeutlichen, wie die Praxis auf ein theoretisches Denkgerüst
einwirkt.
Die vielen Querverweise und die
philosophischen,
psychologischen, und literarischen Bezüge machen Yaloms
Verortung
in der existenziellen Philosophie deutlich, und ich habe so richtig
Lust bekommen, das Ganze weiter zu vertiefen bzw. „alte
Bekannte“ erneut zu lesen. (Als nächstes liegen
Rollo May
und die Tagebücher von Camus bereit.)
Yaloms
Buch bietet viele Anregungen zur (weiteren)
Selbsterforschung. So begreife ich durch die Lektüre des
Kapitels
über die Entwicklung des Todesbegriffes wichtige
Traumerlebnisse
aus meiner frühen Kindheit im Zusammenhang mit dem Tod meiner
Großeltern besser.
Die
Freude am Lesen wird durch die bisweilen holprige
Übersetzung etwas getrübt. Deswegen: Lieber das
englische
Original lesen. (Existential Psychotherapy)